Liebe i. d. Werkstatt 1

Ich habe eine Frage, die mich schon die längste Zeit beschäftigt, und werde versuchen, diese Frage zu bearbeiten und zu beantworten.

Eine junge Frau, nennen wir sie Liz, weil wir hier keine richtigen Namen und auch die Beeinträchtigung, die sie hat, nicht genau nennen werden, um die Anonymität zu wahren – also besagte Liz ist eine junge Frau, ganz nett anzusehen, und das finden auch einige männliche Kollegen in der Werkstatt. Nun, Liz findet es toll dass, sie so viel Aufmerksamkeit bekommt und es gibt auch einige Anbandelungen, die Liz auch sehr gefallen. Liz ist auch eine Person, die sich mit der Festlegung auf einen Partner/Freund schwertut, weil sie alle mag und ein offenes Wesen hat und „wie ein Schmetterling von Blume zu Blume fliegt“. So also ist die Ausgangsposition, die wir betrachten werden und schauen, was es für Möglichkeiten gibt; und die Fragen zu beantworten – es werden wahrscheinlich noch weitere auftauchen.

  • Die erste Frage: Darf sie das überhaupt…
  • …und dann noch in der Werkstatt ???

Ja, denn warum dürfen beeinträchtigte Menschen nicht, was andere „Gesunde“ dürfen; nur wie schaut es damit aus, dass Liz beeinträchtigt ist und noch dazu in der Werkstatt ihre Liebeleien hat?

Die Werkstatt ist – schon wie der Name sagt – Werk-statt, also Arbeitsplatz. Aber dadurch, dass Liz bei ihrer Mutter wohnt, hat sie nicht so die Möglichkeit, sich in dieser Richtung auszuleben bzw. nur eingeschränkt, soweit es ihre Mutter zulässt und duldet.

Nun kommt die Frage der Fremdbestimmung auf, also soll sich Liz ihrer Mutter „unterwerfen“ und tun, was sie sagt? Welche Rechte haben die Betreuer in der Werkstatt? Können sie eingreifen; dürfen sie das überhaupt laut UN BRK. Art. 23? Darf Liz das überhaupt, was sie tut? – Sie darf es, und laut dieser Konvention dürfen Betreuer nur insoweit eingreifen, dass die Interessen der Werkstatt gewahrt, aber die Beziehungen der Menschen untereinander unangetastet bleiben.

Sie hat laut ihrer Mutter ja auch einen Freund, aber Liz sagt, dass es mit nur einem Freund zu langweilig sei bzw. er sei nicht der richtige. Natürlich liegt es in dem Naturell von Liz, dass sie sich nicht festlegen kann, weil es ihr einfach wegen ihrer Beeinträchtigung, die sie ja zweifelsohne hat, schlichtweg nicht möglich ist. So hat Liz überall in ihrem Umfeld, was Werkstatt und Hobbys betrifft, ihre Gespielen und genießt es sichtlich, umschwärmt zu werden, obwohl sie abstreitet, dass es so ist, weil – wie schon erwähnt – ihr Naturell einfach so ist.

Jetzt taucht die Frage auf: Müssen wir das so hinnehmen? In der Werkstatt sind ihre Kollegen nicht sehr begeistert von der Situation und es kommt regelmäßig zu Eskalationen bis hin zu körperlichen Auseindersetzungen. Um diesen vorzubeugen, stellt sich nochmal die Frage: Sollten/dürfen die Betreuer eingreifen?

Meine persönliche Meinung (da ich das Werkstattleben schon über 30 Jahre kenne und dadurch einiges an Erfahrung habe, erlaube ich mir, dazu eine Meinung zu haben): Ich persönlich denke, ja, die Betreuer haben, da es sich um die Werkstatt handelt (und nur im Bereich der Werkstatt), das Recht, hier gründlich einzugreifen und einen Rahmen zu schaffen, der der Werkstatt entspricht; sprich das Persönliche möglichst auf ein Minimum zu beschränken.

Es ist ja durchaus OK, sich freundschaftlich zu begegnen und sich auch über persönliche Themen auszutauschen, aber alles im Rahmen. Eventuell gibt es in den Pausenzeiten mögliche Rückzugsorte. Wichtig dabei ist, dass man nicht die Gefühle der anderen Kollegen verletzt; da es sich in der Werkstatt um sehr sensible Personen handelt, ist es etwas schwierig, den richtigen Ton zu treffen.

Nun, zusammenfassend kann ich dazu sagen: Liz hat natürlich das Recht, einen Freund zu haben und auch zwischen den Kollegen gute Freunde zu haben. Das ist sogar im gewissen Rahmen erwünscht, da es das Arbeitsklima sehr verbessert, wenn man sich untereinander gut versteht, aber – und das ist das große Aber: Alles im Rahmen der Werkstatt, und da haben die Betreuer durchaus das Recht und vielleicht auch die Pflicht, entsprechenden Grenzen zu setzen, um diesen Rahmen zu bewahren.

Und ganz zum Abschluss: Liebe ist etwas Wunderbares und für alle Menschen wichtig.